Double Mean Centering in SPSS
für Moderationsanalyse mit SEM in AMOS
(latente Interaktion)
Arndt Regorz, Dipl. Kfm. & MSc. Psychologie, 24.04.2023
Dieses Tutorial zeigt Ihnen, wie Sie in SPSS das Double Mean Centering ausführen können. Das ist eine Option, um in AMOS ein lineares Stukturgleichungsmodell mit Moderation zu schätzen, also mit einer latenten Interaktionsvariable.
Moderation im SEM mit Double Mean Centering (latente Interaktionen) - Grundlagen
Die Durchführung einer Moderationsanalyse mit einem vollen Strukturgleichungsmodell (SEM) mit latenten Variablen kann eine Herausforderung darstellen, insbesondere die dafür nötige Modellierung einer latenten Interaktionsvariable. Im Rahmen der moderierten Regression ist bekannt, dass eine Moderation geprüft werden kann, indem die unabhängige Variable (UV), den Moderator und die Interaktion zwischen UV und Moderator in die multiple Regression eingeschlossen werden. Dieses Vorgehen kann grundsätzlich auch im SEM angewendet werden, jedoch müssen Indikatorvariablen für die latente Interaktion berechnet werden. In der Literatur werden verschiedene Verfahren zur Modellierung latenter Interaktionen diskutiert.
Eine gängige Methode zur Modellierung von Interaktionseffekten in einem SEM ist die Double Mean Centering Methode. Hier sind die Schritte, die für die Anwendung der Double Mean Centering Methode für eine Moderatoranalyse erforderlich sind:
Schritt 1: Zentrierung der Indikatorvariablen
Um die Double Mean Centering Methode zu nutzen, werden zunächst die Indikatorvariablen, die in das SEM-Modell aufgenommen werden, zentriert. Zentrierung bedeutet, dass der Durchschnitt der Variablen auf Null gesetzt wird, indem von jedem Datenpunkt der Durchschnitt der jeweiligen Variablen über alle Beobachtungen abgezogen wird.
Schritt 2: Bildung der Interaktionsterme
Nachdem die Indikatorvariablen zentriert wurden, können die Interaktionsterme erstellt werden. Dies erfolgt durch die Multiplikation der zentrierten Werte der Indikatoren des Moderators mit den zentrierten Werten der Indikatoren der unabhängigen Variable.
Schritt 3: Zentrierung der Interaktionsterme
Nach der Bildung der Interaktionsterme werden auch diese nochmals zentriert (daher Double Mean Centering).
Schritt 4: Einbau der Interaktionsterme ins SEM-Modell
Nachdem die Interaktionsterme zentriert wurden, können sie im SEM-Modell als Indikatoren für die latente Interaktionsvariable verwendet werden.
Schritt 5: Berücksichtigung von Fehlerkovarianzen
Bei der Schätzung eines solchen Modells ist zu beachten, dass mehrere der (doppelt zentrierten) Interaktionsindikatoren miteinander Gemeinsamkeiten haben. Beispielsweise teilt die Interaktionsvariable IV1-MOD1 in einem Modell mit jeweils drei Indikatoren für UV und Moderator eine Komponente mit den Interaktionen IV1-MOD2, IV1-MOD3, IV2-MOD1 und IV3-MOD1. Daher muss man damit rechnen, dass auch die Fehlerterme dieser Variablen miteinander kovarieren.
Wenn man das nicht berücksichtigt, kann der Modellfit sich entsprechend verschlechtern.
Ein relevantes Paper, das die Methode des Double Mean Centering für die Modellierung latenter Interaktionen anwendet, kann hier gefunden werden:
Lin, G. C., Wen, Z., Marsh, H. W., & Lin, H. S. (2010). Structural equation models of latent interactions: Clarification of orthogonalizing and double-mean-centering strategies. Structural Equation Modeling, 17(3), 374-391. https://doi.org/10.1080/10705511.2010.488999
SPSS-Code für Double Mean Centering
Hier ist der kommentierte SPSS-Code für das Double Mean Centering. Das Codebeispiel beruht darauf, dass man eine UV mit drei Indikatorvariablen hat (IV1, IV2, IV3) und einen Moderator mit drei Indikatorvariablen (MOD1, MOD2, MOD3). Bei davon abweichenden Messmodellen für UV oder für Moderator müssen Sie den Code entsprechend anpassen.
*1. Mean-Centering der Indikatoren für UV und Moderator.
* Mittelwerte der Variablen ermitteln.
AGGREGATE
/OUTFILE=* MODE=ADDVARIABLES OVERWRITE = YES
/BREAK=
/IV1_mean=MEAN(IV1)
/IV2_mean=MEAN(IV2)
/IV3_mean=MEAN(IV3)
/MOD1_mean=MEAN(MOD1)
/MOD2_mean=MEAN(MOD2)
/MOD3_mean=MEAN(MOD3).
*Mean-Centering.
COMPUTE IV1_mc=IV1 - IV1_mean.
COMPUTE IV2_mc=IV2 - IV2_mean.
COMPUTE IV3_mc=IV3 - IV3_mean.
COMPUTE MOD1_mc=MOD1 - MOD1_mean.
COMPUTE MOD2_mc=MOD2 - MOD2_mean.
COMPUTE MOD3_mc=MOD3 - MOD3_mean.
EXECUTE.
*2. Berechnen der Interaktionsvariablen.
COMPUTE Int_IV1_MOD1=IV1_mc * MOD1_mc.
COMPUTE Int_IV1_MOD2=IV1_mc * MOD2_mc.
COMPUTE Int_IV1_MOD3=IV1_mc * MOD3_mc.
COMPUTE Int_IV2_MOD1=IV2_mc * MOD1_mc.
COMPUTE Int_IV2_MOD2=IV2_mc * MOD2_mc.
COMPUTE Int_IV2_MOD3=IV2_mc * MOD3_mc.
COMPUTE Int_IV3_MOD1=IV3_mc * MOD1_mc.
COMPUTE Int_IV3_MOD2=IV3_mc * MOD2_mc.
COMPUTE Int_IV3_MOD3=IV3_mc * MOD3_mc.
EXECUTE.
*3. Mean-Centering der Interaktionsvariablen
* Mittelwerte der Interaktionsvariablen ermitteln.
AGGREGATE
/OUTFILE=* MODE=ADDVARIABLES OVERWRITE = YES
/BREAK=
/Int_IV1_MOD1_mean=MEAN(Int_IV1_MOD1)
/Int_IV1_MOD2_mean=MEAN(Int_IV1_MOD2)
/Int_IV1_MOD3_mean=MEAN(Int_IV1_MOD3)
/Int_IV2_MOD1_mean=MEAN(Int_IV2_MOD1)
/Int_IV2_MOD2_mean=MEAN(Int_IV2_MOD2)
/Int_IV2_MOD3_mean=MEAN(Int_IV2_MOD3)
/Int_IV3_MOD1_mean=MEAN(Int_IV3_MOD1)
/Int_IV3_MOD2_mean=MEAN(Int_IV3_MOD2)
/Int_IV3_MOD3_mean=MEAN(Int_IV3_MOD3).
*Mean-Centering.
COMPUTE Int_IV1_MOD1_mc=Int_IV1_MOD1 - Int_IV1_MOD1_mean.
COMPUTE Int_IV1_MOD2_mc=Int_IV1_MOD2 - Int_IV1_MOD2_mean.
COMPUTE Int_IV1_MOD3_mc=Int_IV1_MOD3 - Int_IV1_MOD3_mean.
COMPUTE Int_IV2_MOD1_mc=Int_IV2_MOD1 - Int_IV2_MOD1_mean.
COMPUTE Int_IV2_MOD2_mc=Int_IV2_MOD2 - Int_IV2_MOD2_mean.
COMPUTE Int_IV2_MOD3_mc=Int_IV2_MOD3 - Int_IV2_MOD3_mean.
COMPUTE Int_IV3_MOD1_mc=Int_IV3_MOD1 - Int_IV3_MOD1_mean.
COMPUTE Int_IV3_MOD2_mc=Int_IV3_MOD2 - Int_IV3_MOD2_mean.
COMPUTE Int_IV3_MOD3_mc=Int_IV3_MOD3 - Int_IV3_MOD3_mean.
EXECUTE.
Als Ergebnis haben wir jetzt neun doppelt zentrierte Indikatorvariablen für die latente Interaktion zwischen den latenten Variablen IV und MOD. Diese können wir in AMOS für das Messmodell der latenten Interaktion verwenden. In AMOS werden dann also gemessenen:
Die IV durch:
IV1, IV2, IV3
Der Moderator durch:
MOD1, MOD2, MOD3
Die Interaktion durch:
Int_IV1_MOD1_mc, Int_IV1_MOD2_mc, Int_IV1_MOD3_mc, Int_IV2_MOD1_mc, Int_IV2_MOD2_mc, Int_IV2_MOD3_mc, Int_IV3_MOD1_mc, Int_IV3_MOD2_mc ,Int_IV3_MOD3_mc
Zusätzlich müssen Sie, wie oben im Schritt 5 erläutert, noch Fehlerkovarianzen zwischen denjenigen Interaktionsvariablen mit aufnehmen, die ein gemeinsames Element teilen. Dazu zeichnen Sie in AMOS einfach entsprechende Korrelationspfeile (Pfeile mit doppelter Spitze) zwischen den Indikatorvariablen der Interaktionen ein.
Im Beispiel hier mit je drei Indikatoren für die unabhängige Variable und den Moderator muss jeder Interaktionsindikator Korrelationspfeile zu vier anderen Interaktionsindikatoren aufweise. Am Beispiel von der Interaktion IV2MOD3:
- Pfeile zu IV2MOD1 und IV2MOD2, weil das Element IV2 gemeinsam ist
- Pfeile zu IV1MOD3 und IV3MOD3, weil das Element MOD3 gemeinsam ist.